Das Coronavirus scheint uns zwischen zwei gegensätzliche Pole gebracht zu haben: Einerseits geniessen wir es, zuhause mit der Familie zu sein, andererseits sind wir es nicht gewohnt eine so lange Zeit zusammen zu verbringen. Die Folgen dieser Gegensätzlichkeit lassen deshalb nicht auf sich warten.
Bereits zwei Wochen nach der Verhängung der Quarantäne in Israel stieg dort die Zahl der Anzeigen von häuslicher Gewalt um 760%.
Auch das psychologische Hilfezentrum erhielt dreimal mehr Anfragen als üblich.
Dies war vorhersehbar, denn die Menschen werden plötzlich mit ihren Verwandten eingesperrt. Und selbst wenn sie sich von ganzem Herzen lieben, sich umeinander kümmern, hat sie niemand gefragt, ob es in Ordnung ist, dass sie nun die ganze Zeit aufeinander hocken müssen! Selbst für einen liebenden Menschen ist das zu viel.
Vor dem Coronavirus hatte sich der Mensch das Leben recht angenehm eingerichtet, so dass er weitgehend zufrieden war. Man kam innerhalb einer oder zwei Stunden zur Arbeit. Bei der Arbeit war man in die Erfüllung seiner Pflichten vertieft und hatte gar keine Zeit, an seine Familie zu denken. Wenn der Mensch nach der Arbeit zu hause ankam, konnte er es sich einrichten allein mit sich zu sein: er setzte sich einfach an den Computer, schaltete den Fernseher ein oder schloss sich in seinem Zimmer ein. Die Familienmitglieder waren für ihn eine Art Background, er konnte sie einfach aus seinem Fokus ausblenden.
Jetzt aber läuft seine ganze Familie ständig vor seinen Augen herum und lässt ihm keinen freien Raum mehr: sie sind in seinem Kopf, in seiner Seele und in seinem Herzen … Das erdrückt einfach jeden normalen Menschen.
Die Coronavirus-Wirkung
Dies ist eine dieser unerwarteten Auswirkungen, die das Coronavirus hervorgerufen hat. Es zeigt uns, wie unfähig wir sind, selbst mit den uns nahestehenden Menschen auszukommen. Sie sind die ganze Zeit mit uns in derselben Wohnung, das macht uns einfach wahnsinnig.
So sehr wahnsinnig, dass unser einzige Wunsch ist, vor ihnen wegzulaufen. Aber in der heutigen Situation können wir nirgendwo hinlaufen. Unsere Reaktion darauf ist, dass wir unseren Ärger an unseren Lieben auslassen. Schuld daran sind nicht unsere Lieben und auch nicht die Quarantäne. Schuld ist auch nicht das Coronavirus, das uns in dieses “Gefängnis” gebracht hat.
Wir werden durch unseren eigenen natürlichen Egoismus eingesperrt. Er ist es, der nicht bereit ist, sich außer mit seinen eigenen auch mit den Bedürfnissen anderer zu befassen und uns und unseren Lieben dadurch das Leben zur Hölle macht.
Wenn wir diesen Egoismus nicht erkennen und anfangen ihn zu korrigieren, dass heisst, anfangen uns trotz unseres Egoismus zu bemühen richtige Beziehungen zwischen uns zu erschaffen, dann werden wir – selbst wenn wir das Haus wieder verlassen dürfen – in dieser Hölle bleiben.
Die Wissenschaft der Kabbala sagt, dass Hass nicht ohne Liebe und Liebe nicht ohne Hass existieren kann. Plus und Minus, Positiv und Negativ gehen immer Hand in Hand und schaffen ein Gleichgewicht in der Natur. Können wir zwischen Liebe und Hass balancieren werden wir fühlen, dass wir ein erfülltes Leben führen.
Verbindung zwischen Plus und Minus
Um Meinungsverschiedenheiten zwischen Ehepartnern zu überwinden und Harmonie zu erreichen, braucht es jedoch immer einen bestimmten Faktor, über den sich die Ehepartner zusammen verbinden können. Eine Art Verbindung zwischen Plus und Minus, so das kein Kurzschluss auftritt. Kinder können zu solch einer Verbindung in der Familie werden. Die gemeinsame Sorge um sie kann dazu beitragen Spannungen in Beziehungen zu überwinden. Je mehr sich Ehepartner selbst zum Wohle der Kinder zurücknehmen desto stärkere und harmonischere Beziehungen zwischen sich werden sie aufbauen können. Und alle werden davon profitieren – Erwachsenen und Kinder gleichermaßen.
Das Coronavirus hat also Voraussetzungen geschaffen, echte Familienharmonie zu erreichen. Dank ihm müssen wir lernen freundlich, mit Respekt und in Liebe miteinander umzugehen. Von den heute üblichen oberflächlichen zwischenmenschlichen Beziehungen werden wir zu wirklich tiefen starken und herzlichen Beziehungen übergehen. Und das, ohne das Haus verlassen zu müssen.