Frage: Die Welt befindet sich in einer universellen Krise. Wir erklären, was passiert und sagen, dass sich die Welt nicht verbessern wird, solange wir uns nicht gegenseitig wie Zellen eines einzigen Körpers behandeln. Inwiefern entspricht die Arbeit von Menschen aus karitativen Organisationen oder religiösen Menschen, die an eine Belohnung für ihre Arbeit glauben, nicht der Arbeit gesunder Zellen des Körpers? Wenn sie sich an der Lösung der Krise, die Sie vorschlagen, beteiligen wollen, dann können wir sagen, dass sie bereits richtig interagieren. Was ist hier unvereinbar mit dem Modell der Korrektur der Welt?
M. Laitman: Einerseits spricht Baal HaSulam sehr gut über diese Menschen, aber andererseits müssen wir erkennen, dass ihre Arbeit in den Augen des Schöpfers nicht wünschenswert ist. Sie ist nur notwendig für die Entwicklung des Menschen und dafür, dass er das Böse erkennt, damit er begreift, dass er um seines eigenen Egoismus willen handelt. Aber er sollte es selbst verstehen – es ist unmöglich, einem Menschen, der Kranke besucht, Geschenke macht, schöne Taten vollbringt, die Natur schützt, zu sagen, dass seine Arbeit nutzlos ist und er damit nichts erreicht. Aber nüchtern betrachtet verdirbt der Schöpfer die Welt, und sie reparieren sie sozusagen.
Der Schöpfer „verdirbt“ die Welt, damit der Mensch sich selbst, sein Ego korrigiert. Deshalb ist es nicht notwendig, in unserer Welt Taten zu begehen. Unsere Welt ist schlecht, weil wir schlecht sind. Aber wenn wir uns selbst, unser Ego, korrigieren, wird Fülle in die Welt kommen, wenn das Licht des Unendlichen sie füllt. Wenn wir Essen an alle verteilen, werden wir nicht satt, und die Welt wird dadurch nicht besser werden. Ganz gleich, wie sehr wir uns bemühen, Gutes zu tun, wenn der Wunsch zu geben aus unserem Ego kommt, wird nichts Gutes dabei herauskommen.
Wir investieren enorm viel in das Gesundheitssystem. Das Gesundheitssystem und das Sicherheitssystem haben fast die gleichen finanziellen Mittel. Aber wo sind die Ergebnisse? Es gibt immer mehr kranke Menschen. Warum ist das so? Unsere Maßnahmen, so gut sie auch sein mögen, sind nicht dazu gedacht, die Welt zu verbessern. Das Verlangen zu empfangen wächst in uns, es zeigt uns alle möglichen Fehler, Hässlichkeiten, aber wir verstecken sie. Wenn es einen Makel gibt, muss er mit Korrektur, mit reflektiertem Licht gefüllt werden, und wir verdecken ihn einfach. Was geschieht bei diesem Prozess? Ist er gut? Nein, er ist schlecht, was den Zweck der Schöpfung angeht, aber für das irdische Leben ist er gut und ehrenvoll.
Und das ist dem einfachen Menschen nur schwer zu erklären, denn es steht im Gegensatz zu seiner Vernunft und Wahrnehmung. Er vergisst, dass alles vom Schöpfer kommt, von „Es gibt nichts außer Ihm“. Versuchen Sie einmal, einem Menschen zu sagen: „Der Schöpfer hat die Welt so gemacht, wie sie ist, und Sie versuchen, sie zu reparieren! Er schickt die Menschen in den Hunger, warum gebt ihr ihnen zu essen?“ Darauf werden die Menschen antworten, dass es ein Gebot ist, das sie dazu verpflichtet, dass sie unter dem Anblick des Geschehens leiden. Aber es ist ihr Egoismus, der leidet, und sie erfüllen das Gebot, um dafür eine Belohnung zu erhalten.
Wir tun den anderen Gutes, weil die menschliche Gesellschaft so funktioniert: Heute gebe ich dir, und morgen gibst du mir. Aber wenn wir zum „Punkt im Herzen“ heranwachsen und alle unsere Handlungen auf eine Verbindung mit dem Schöpfer ausgerichtet sind, ist es ein ganz anderes Beziehungssystem. Dann prüfe ich alles in Bezug auf die Nähe zu Ihm: ob mein Handeln wirklich auf das Geben ausgerichtet ist – und ich baue eine ganz andere Beziehung auf. Bald werden wir das auch in dieser Welt tun müssen.
Dann wird sich herausstellen, dass alle unsere gewohnten Beziehungen destruktiv sind, einschließlich der völlig nutzlosen Wohltätigkeit. Schließlich machen all diese Aktivitäten unseren physischen Körper nicht gesünder oder glücklicher. Wir müssen eine Verbindung zwischen dem spirituellen Streben, dem sogenannten „Punkt im Herzen“, und dem Schöpfer herstellen.
Frage: Was für ein System werden wir aufbauen, wenn wir erkennen, dass das derzeitige System untauglich ist? Wie wird ein neues System aussehen, das mit dem Gesetz „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ vereinbar ist? Angenommen, wir schaffen die Wohltätigkeit ab und bauen eine neue Welt auf. Was wäre dann neu in dieser Welt?
M. Laitman: Auf keinen Fall darf etwas in dieser Welt aufgehoben werden. Jede Sache muss so lange existieren, bis wir das Böse darin entdecken. Dann geben wir es auf. Indem wir das Böse in ihr erkennen, offenbaren wir gleichzeitig das Neue, das an ihrer Stelle geschaffen werden muss. Aber nicht vorher, sonst schaffen wir etwas Künstliches. Auf diese natürliche Art und Weise müssen wir uns entwickeln: Jedes Mal wird etwas Nachfolgendes das Vorherige ersetzen, das seine Untauglichkeit offenbart hat.
Vergessen Sie nicht, dass wir Teil der Natur sind. Es ist unmöglich, eine künstliche Entscheidung auf der Ebene der Regierung zu treffen: Von nun an wird der Staat so und so handeln. In diesem Fall werden wir bald feststellen, dass wir uns geirrt haben, denn der Staat wird eine solche Entscheidung nicht einhalten können. Die Menschen sind leichtsinnig, wenn sie hoffen, dass sie etwas tun können.
Die Natur und die Welt haben ihre eigenen Gesetze. Es gibt nichts, was wir tun können, außer unserer Welt die Freiheit der Wahl zu geben. Wodurch? In der Entdeckung des Sinns der menschlichen Handlungen! Und das ist die Wissenschaft der Kabbala – sie erklärt genau das. Studieren wir sie, und dann werden wir verstehen, was wir in dieser Welt tun müssen. Wir brauchen keine Gesetze zu erfinden, das ist lächerlich. Es ist klar, dass diese Gesetze der Natur entnommen werden sollten.
Frage: Welche Handlung in dieser Welt wird einen Menschen auf eine spirituelle Ebene heben?
M. Laitman: Nur das Geben an seinen Nächsten. Aber wir sprechen nicht von dem ziellosen Geben, das es in UDSSR und in den Kibbuzim gab, nicht von den zehn Prozent natürlicher Altruisten und Menschen, die um einer Belohnung willen geben, sondern von dem Geben mit der Absicht, der höheren Kraft der Natur zu ähneln. Andernfalls werden wir unser Ziel nicht erreichen, und jede Handlung wird uns zum Nachteil werden.
In der heutigen Zeit, in der die Sehnsucht nach dem Spirituellen mit der Globalisierung der Welt einhergeht, sind Handlungen wie Wohltätigkeit und dergleichen schädlich, wenn sie nicht auf den Zweck der Schöpfung ausgerichtet sind.
Früher erweckten die Spendenaktionen zumindest den Anschein von Nützlichkeit. Zumindest dienten sie als Entschuldigung dafür, dass man alles Mögliche getan hatte. Heute hat sich das alles geändert. Man verschreibt Medikamente, macht Tests, operiert, und der Patient stirbt. Aber wir haben doch alles getan, oder nicht? Alle haben ein reines Gewissen, und der Patient ist gestorben.
Genau so sieht es mit dem Programm zur Überwindung der Krise aus: Wir haben das Maximum getan, aber es hat nichts gebracht. Es ist eine Schande, Milliarden von Dollar zu verschwenden, die man in die Medizin investieren will, denn sie werden wie Wasser durch Sand fließen und verschwinden. Ein Prozent würde ausreichen, um Wissen über die Struktur der Welt zu verbreiten, und es würde dem Handeln der Menschen die richtige Richtung geben.
Geschrieben/bearbeitet von Student*innen des Kabbalisten Michael Laitman.