Dr. Michael Laitman To Change the World – Change Man

Es ist zu früh, die COVID-19-Beschränkungen aufzuheben

Wir haben das Coronavirus nicht besiegt. Wir wissen zu wenig darüber, wie es funktioniert, wie es übertragen wird und welche Schritte wir unternehmen können, um die Beschränkungen zu lockern, ohne einen erneuten Ausbruch zu entfachen. Gleichzeitig müssen wir uns natürlich mit lebensnotwendigen Gütern wie Lebensmitteln und anderen versorgen und deshalb können wir die strikten Beschränkungen nicht mehr länger aufrechterhalten. Es ist ein schwieriges Dilemma: Die Regierungen versuchen, sich für das geringste Übel zu entscheiden, aber keine Option ist gut. Wenn die Beschränkungen gelockert werden, sollten wir besonders vorsichtig sein, da wir diejenigen sind, die den Preis dafür bezahlen werden.

Das Problem mit dem neuartigen Coronavirus besteht darin, dass seine Auswirkungen weit über die ausgelöste medizinische Krise hinausgehen. Sie reichen sogar weit über den der ahnungslosen Welt auferlegten wirtschaftlichen Zusammenbruch hinaus.

Die Auswirkungen des Coronavirus sind in erster Linie sozialer Natur: Sie lösen das ganze gesellschaftliche Gefüge auf. Die vorgeschriebene soziale Distanzierung schafft eine emotionale Distanz. Einsamkeit und Depression nehmen zu, ebenso wie auch häusliche Spannungen, die zu Gewalt führen. COVID-19 hat unsere Körper krank gemacht, aber auch unsere emotionale Distanz zueinander offenbart.

Soziale Distanzierung ist für unsere postmoderne Gesellschaft nichts Neues. Wir beklagen seit langem die Entfremdung, die durch unser Eintauchen in die sozialen Medien über unsere Handys hervorgerufen wird, wodurch wir die soziale Kommunikation mit unseren Freunden und unserer Familie in der realen physischen Welt vernachlässigen. Doch solange wir physisch zusammen sein “durften”, konnten wir uns einreden, dass es keine Distanzen zwischen uns gab. Jetzt, da wir physisch getrennt sind, suchen wir nach der Nähe in unseren Herzen, nur um festzustellen, dass dort nichts zu finden ist. Das ist der schmerzhafteste Aspekt des Virus: Die Offenbarung, dass wir ganz allein sind, dass unsere Herzen leer sind und dass die Herzen derer, von denen wir dachten, sie würden uns lieben, genauso leer sind.

Die Wahrheit würdigen

Die Wahrheit tut weh, das tut sie immer. Allerdings tut auch Heilung weh. Es ist unmöglich, etwas zu reparieren, wenn wir nicht wissen, dass es kaputt ist. Jetzt wissen wir, dass unsere Verbindungen zerbrochen sind. Die zarten Fäden der Verbindung zwischen uns, die zuletzt noch bestanden, sind gerissen. Das zwingt uns zur Erkenntnis, dass wir ganz allein sind. Jetzt, da wir wirklich getrennt sind und uns ganz unten befinden, können wir beginnen, aufzusteigen. Von hier aus können wir eine neue und solide Gesellschaft aufbauen. Die Wahrheit tut weh, aber sie spielt eine wesentliche Rolle, wenn wir in einem gesunden Körper, einem gesunden Verstand und einer gesunden Gesellschaft leben wollen.

Wenn wir das Beste aus der uns widerfahrenen Tortur machen wollen, dann dürfen wir keine Zeit verlieren. Wir müssen etwas über die neue Welt lernen, die sich jetzt offenbart. In der neuen Welt wird Reichtum bedeutungslos, da man ihn nicht zur Schau stellen kann. Der Gedanke an eine Karriere verliert jeglichen Sinn, wenn so viele Menschen arbeitslos sind. Machtpositionen verlieren ebenfalls an Attraktivität, wenn so viele Menschen von Zuhause aus arbeiten oder ums Überleben kämpfen.

Was bleibt uns? Wir haben einander. Wir haben unsere Familie und wir haben unsere Freunde. Sie leben mit uns zu Hause oder sind nur einen Anruf weit entfernt. Das Virus hat uns alles genommen, außer die Dinge, die wirklich wichtig sind. Erst jetzt, da wir von den Ablenkungen befreit worden sind, können wir sie wirklich sehen.

Das Virus ist nicht hier, um die Menschheit zu vernichten. Es ist aufgetaucht, um uns zu zeigen, was wir jahrzehntelang verpasst und übersehen haben: Unsere Lieben, unsere Familien und Freunde.  

Das Virus gibt uns gerade genug Nähe, um unsere Verbindungen wieder aufzubauen, und zwar auf der Grundlage gegenseitiger Fürsorge und gegenseitiger Verantwortung. Zur gleichen Zeit hält es uns auf genau der richtigen Distanz, um zu verhindern, dass wir erneut in die Grube der Ausbeutung und der Machtkämpfe fallen.

Das neuartige Coronavirus ist ein unnachgiebiger Lehrer, aber wir waren bisher ungehorsame Schüler. Je mehr wir mit dem Virus zusammenarbeiten, desto sanfter wird es sich uns gegenüber verhalten. Der Vater meines Lehrers, Baal HaSulam, schrieb, die Natur sei wie ein geschickter Lehrer, der uns entsprechend unserer Entwicklung bestraft. Seien wir weise genug, die Hinweise der Natur zu verstehen, um unsere Gesellschaft auf unterstützenden und positiven Verbindungen zu gründen. Damit zwingen wir die Natur nicht dazu, uns weiter zu bestrafen.


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