Die heutige Gesellschaft verherrlicht das Ego. Jeder, der in der Öffentlichkeit eine gewisse Berühmtheit genießt, stellt sich in extrem egozentrischer Weise zur Schau. Dies gilt ebenso für die Idole der sozialen Medien wie auch für Stars aus der Welt des Sports, Popstars, Politiker und Multimillionäre. Aber eine Gesellschaft, welche die Selbstbezogenheit verherrlicht, untergräbt ihr eigenes Fundament. Damit eine Gesellschaft existieren kann, muss sie ihren Fokus mehr auf das soziale Miteinander richten und weniger auf einzelne Individuen. Wenn sie sich auf einzelne Personen konzentriert wird dies letztendlich zu ihrem eigenen Verfall führen, wie wir es dieser Tage überall auf der Welt beobachten können.
Soziale Beziehungen können nur bestehen, wenn alle Beteiligten begreifen, dass sie gegenseitigen Nutzen voneinander haben, während sie, wenn sie im Alleingang handeln, nichts erreichen können. Der zukünftige Nutzen muss allerdings groß genug sein, um einen Anreiz darzustellen, die eigene Unabhängigkeit ein wenig zu beschneiden. Wenn man im Gegenzug dazu höhere Überlebenschancen, bessere Bedingungen für das Aufziehen der nächsten Generation und gefestigten wirtschaftlichen Wohlstand erwirbt, so profitieren alle davon.
Daher stärkt eine Gesellschaft, die jene zu ihren Vorbildern macht, die zur Einheit derselben beitragen, sich selbst und das Wohlergehen ihrer Mitglieder. Eine Gesellschaft hingegen, welche jene Menschen als ihre Idole wählt, die sich nur um sich selbst drehen und sogar häufig den Interessen des Gemeinwesens zuwiderhandeln, schwächt sich und betreibt auf diese Weise ihren eigenen Untergang. Der Zusammenbruch ist unausweichlich, da die grundlegendste Bedingung für das Gedeihen einer Gesellschaft hier fehlt: die gegenseitige Verantwortung.
Wenn eine Gruppe von Leuten erst einmal das erforderliche Niveau einer umfassenden gegenseitigen Verantwortung etabliert hat, kann sie, davon ausgehend, damit beginnen, komplexere Strukturen zu entwickeln. Aus Gemeinschaften werden Städte, die sich im späteren zu Staaten zusammenschließen. Je höher das Niveau an gegenseitiger Verantwortung in einer Gesellschaft ist, desto besser kann diese wachsen und sich entfalten.
Nichtsdestotrotz stellt es eine bleibende Herausforderung dar, an der gegenseitigen Verantwortung festzuhalten, da der menschliche Egoismus nicht statisch ist, sondern sich vielmehr ständig weiterentwickelt. Deswegen muss die Kultivierung von gegenseitiger Verantwortung ein beständiges Bestreben der Gesellschaft darstellen. Wenn dies nicht gelingt, wird sie nicht bestehen können, und unweigerlich auseinanderbrechen. Da wir diese grundlegende Aufgabe schon seit Jahrzehnten vernachlässigen, werden wir Zeugen eines zunehmenden Zerfalls der Gesellschaft.
Die Menschheit ist an einen Scheideweg gelangt: Entweder sie macht weiter wie bisher, oder aber sie entschließt sich die gegenseitige Verantwortung zu entwickeln, bis diese das gegenwärtige Niveau des herrschenden Egoismus übertrifft. Die Entwicklung der gegenseitigen Verantwortung wird uns dabei helfen, die Kraft des Egos in guter Weise zu nutzen, nämlich zum Wohle unserer Mitmenschen und dem der gesamten Gesellschaft. Die Menschen werden aufhören, sich als voneinander getrennte Individuen wahrzunehmen, die in einem ständigen Wettstreit miteinander liegen. Die erlebte Einheit wird eine neue Stufe der Verbundenheit und Nähe schaffen. Wir werden uns in Herz und Seele miteinander untrennbar verbunden fühlen.
Wenn wir diesen Punkt erreichen, werden wir aufhören miteinander zu kämpfen, wie wir es im Moment tun. Die Kämpfe der Zukunft werden innere Kämpfe sein, die jeder einzelne mit seinem Ego austrägt, welches ihn daran hindert sich als integraler Teil der Gesellschaft mit dieser zu verbinden. Wir werden eine vollkommen neue Wahrnehmung erlangen; die Erfahrung des Einsseins wird eine Dimension annehmen, die wir uns niemals hätten träumen lassen.
Hierhin führt uns der gegenwärtige Kampf zwischen Egoismus und gegenseitiger Verantwortung. Wie er endet liegt in unserer Hand: im Krieg oder in der Einheit.