Gemäß der Weisheit der Kabbala ist das Böse die Enthüllung der egoistischen Einstellung eines Menschen, die er anderen gegenüber hat.
Wir bestehen aus dem Verlangen zu genießen, und dieses Verlangen entwickelt sich auf verschiedenen Stufen: vom individuellen Verlangen nach Nahrung, Sex und Familie über das gesellschaftliche Verlangen nach Geld, Ehre, Macht und Wissen bis hin zum Verlangen den Sinn unseres Lebens zu erkennen. Dieser Wunsch nach Genuss war schon immer die treibende Kraft, die uns zu jeder Handlung oder Überlegung in Richtung der verschiedenen Vergnügen antreibt. In unserer heutigen Zeit hat dieses Verlangen jedoch einen Grad erreicht, der es zum Bösen werden lässt: Es beginnt sich in ein Verlangen zu verwandeln, das auf Kosten der anderen und der Natur genießen will.
Während also der Wunsch zu genießen unserer Natur entspricht und wir ständig den Impuls verspüren, uns dem Genuss zuzuwenden und uns vom Leid zu entfernen, kommt das Böse ins Spiel, wenn unser Wunsch beginnt, auf Kosten anderer zu genießen, d.h. wenn wir uns über andere stellen und sie erniedrigen.
Es mag extrem klingen, dass wir ein Niveau erreicht haben, auf dem wir andere erniedrigen und uns über sie stellen wollen, aber wir tun dies automatisch. Wir sind uns nicht bewusst, wie sehr unsere innere Programmierung dazu führt, dass wir völlig von Eigennutz getrieben sind. Selbst wenn wir eine angenehme Unterhaltung führen, versucht jeder von uns, über den anderen zu stehen, sich so zu positionieren, dass er besser dasteht, und sich vorteilhafter präsentiert, um die Aufmerksamkeit anderer zu erlangen, und sei es nur ein wenig. Die Natur des Menschen besteht aus solchen verschleierten Formen.
Dies ist die letzte Erscheinungsform des egoistischen Verlangens, und es taucht auf, damit wir es als böse bestimmen können. Damit wir die unzähligen Probleme, die dieses Verlangen mit sich bringt, lindern können, müssen wir uns zu einer neuen, altruistischen Form des Verlangens erheben, die dem Bösen entgegengesetzt ist: ein gutes Verlangen, andere zu lieben, sich positiv mit ihnen zu verbinden und ihnen zu geben, oberhalb des egoistischen Verlangens. Und das ist ein sehr schwieriger Übergang.
Die Weisheit der Kabbala ist eine Methode, die geschaffen wurde, um diesen Übergang schnell und schmerzfrei zu gestalten.
Geschrieben/editiert von Schülern des Kabbalisten Dr. Michael Laitman.