Am 14. August 2021 wurde Haiti von einem Erdbeben der Stärke 7,2 heimgesucht. Nach offiziellen Angaben der Vereinten Nationen starben mehr als 2200 Menschen durch das Erdbeben selbst, mehr als 12000 wurden verletzt und über 60 Gesundheitseinrichtungen beschädigt oder zerstört. Dazu kam zwei Tage später der Tropensturm Grace mit sintflutartigen Regenfällen und löste weitere Verwüstungen auf der Insel aus.
Als Grace abzog, war Haiti – das ärmste Land Latein- und Mittelamerikas – sich selbst überlassen. Die Welt berichtete schnell über „wichtigere“ Krisen wie Waldbrände und Sturzfluten, bei denen glücklicherweise kaum jemand ums Leben kam und die hauptsächlich Sachschäden zur Folge hatten.
Haiti hingegen ist immer noch am Boden zerstört und trauert. Es hat keine Mittel, um sich zu erholen. Es ist ein Zeugnis für die Gleichgültigkeit der Menschheit.
Das Problem ist, dass wir nicht dazu erzogen wurden, uns um andere zu kümmern. Wir schauen uns andere Menschen an und sehen nur andere Hautfarben, andere Sitten, andere Mentalitäten. Sie sind anders als wir und wir können deshalb nicht mit ihnen mitfühlen. Eigentlich sollte es nicht so sein, aber so sind wir erzogen worden.
Und so berichten die Nachrichtensender zwar über Katastrophen, die sich außerhalb Europas oder der USA ereignen, aber die Berichterstattung über Hilfsaktionen, das weltweite Mitgefühl, die Geschichten der Opfer – all das liegt weit außerhalb des Interesses des Westens und wird maximal als Randnotiz in den Meldungen erwähnt. Es besteht einfach kein Interesse am Leben von Menschen aus einer anderen Kultur.
Diese Katastrophen sind ein Weckruf. Sie sollten in uns Empathie wecken, doch wir hören den Ruf nicht. Je mehr wir unsere leidenden Mitmenschen ignorieren, desto schlimmer werden diese Ereignisse werden, bis wir daraus lernen.
Ob wir es spüren oder nicht, ob wir es wollen oder nicht, die Menschheit ist ein einziger Organismus. Wir sind alle miteinander verbunden. Wenn wir gegenüber einem Teil der Menschheit gleichgültig, leichtsinnig oder sogar grausam sind, leidet die gesamte Menschheit. Auch die Mächtigen – in der heutigen Welt gibt es kein Entrinnen aus der Verflechtung.
Letztendlich müssen wir rücksichtsvoll und fürsorglich miteinander umgehen, da wir aufeinander angewiesen sind.
So wie die Pandemie uns gelehrt hat, dass eine Infektion “irgendwo” eine Infektion “überall” ist, so ist es auch mit all unseren Sorgen und Freuden. Je schneller wir uns dessen bewusst werden und uns entsprechend verhalten, desto eher werden wir die negative Entwicklung der Menschheit umkehren. Je länger wir zögern, desto schlimmer werden die „Überredungsversuche“ der Natur sein, bis wir verstehen.