Frage: Die Menschen kämpfen seit jeher für ihre Freiheit. In der Erklärung der Menschenrechte heißt es: „Freiheit besteht in der Fähigkeit, alles tun zu können, was einem anderen nicht schadet.“ Stimmen Sie dem zu?
Michael Laitman: Das Problem besteht darin, dass die Menschen den Slogan „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ auf der Grundlage dessen verkünden, was sie aufgrund ihrer Erziehung verstehen und was ihnen ihre Erfahrungen im Leben zeigen. Die Kabbala aber spricht von den Naturgesetzen. Sie ist viel umfassender und manchmal scheint sie dem entgegengesetzt.
Betrachtet man die Natur des Menschen, ist der Mensch nicht frei, weil er in seinem Egoismus gefangen ist. Einer ist von Natur aus so, der andere anders. Jeder Mensch hat viele gute, aber auch schlechte Eigenschaften. So ist es von der Natur eingerichtet.
Frage: Philosophisch betrachtet, ist die Natur des Menschen böse oder gut?
Michael Laitman: In der Tora steht geschrieben: Die böse Neigung eines Menschen kommt von seinem Wesen. Schon vor seiner Geburt ist das Böse in ihm.
Da der Mensch nur an seinen eigenen Nutzen denkt, ist seine Natur genau genommen absolut „böse“. Vielleicht wünscht man einem anderen nichts Böses, aber wenn es einem nützt, fügt man ihm Schaden zu. Dies geschieht mehrheitlich unbewusst!
Aus der Sicht der Kabbala ist der Mensch, der in dieser Welt existiert, neutral betrachtet, das egoistische Verlangen, auf Kosten anderer zu genießen. So heißt es in der Tora. Bei Tieren sind die Verlangen auf Nahrung, Gesundheit und Fortpflanzung durch ihren Instinkt eingeschränkt. Doch die Verlangen des Menschen veranlassen ihn, die ganze Welt für sich zu wollen.
Der Mensch hat deshalb genau genommen nicht die Freiheit, sein Handeln zu bestimmen. Er wird von Geburt an von diesem Trieb beherrscht. Ob es einem gefällt oder nicht, man wird andere benutzen. Natürlich beeinflussen ihn Bildung und restriktive Gesetze und die Meinung der in umgebenden Gesellschaft, aber grundsätzlich ist die Natur des Menschen „böse“.