Am Anfang waren Finsternis und Chaos, aus denen das Leben entstand. Das steht in der Tora. Wie aber kann aus Chaos Harmonie geboren werden? Das ist hier die Frage.
All dies kann nur in Bezug auf den Menschen betrachtet werden. Auch wenn es den Anschein hat, dass es sich dabei um Etappen der Evolution handelt, die vor der Entstehung des Menschen stattfanden, geht das aus kabbalistischer Sicht an der Wahrheit vorbei. Der Sinn der Erzählungen der Tora ist nur erkennbar, wenn sie auf den Menschen bezogen wird – der Mensch, der beginnt, die ganze Welt zu erfassen. Denn alle Veränderungen treten nur in Bezug auf den Menschen selbst auf.
Erst nach der Erschaffung des Bewusstseins des Menschen kann von der Erschaffung dieser Welt, des Universums und aller darin herrschenden Systeme gesprochen werden. Vor dem Erscheinen des Menschen gibt es nichts. Und wenn von “Dunkelheit“ und “Chaos“ die Rede ist, dann existieren auch diese nur in Bezug auf den Menschen. Dies ist so, weil das menschliche Bewusstsein von Natur aus auf das egoistische Empfangen ausgerichtet ist und somit im Gegensatz steht zum idealen System des Gebens, der Natur, in das wir integriert sind.
Der Mensch versteht oder fühlt dieses System nicht, das heißt, er nimmt es weder in seinem Verstand noch in seinem Herzen wahr. Er sieht eine Realität, die vor dem Hintergrund einer unveränderlichen und perfekten Welt projiziert wird von seinen Eigenschaften, die ausgerichtet sind nur auf seinen eigenen Nutzen.
Der Mensch sieht also nicht die höhere, spirituelle Welt, das ideale System, sondern er versteht sich selbst im Verhältnis zu diesem System. Er nimmt nur den Unterschied zwischen den Eigenschaften des Menschen und der Natur wahr. Und so erscheint ihm die Welt als dunkel und chaotisch.
Die Natur aber ist gebend, liebend, und in der Verbindung erfüllend. Die Eigenschaften des Menschen sind genau das Gegenteil: Empfangen, Unordnung und Unfähigkeit, sich mit anderen zu verbinden und in der Verbindung Erfüllung zu erleben. Jeder handelt aus Eigeninteresse, vielfach zum Nachteil anderer. Deshalb nimmt der Mensch eine Welt der Unordnung wahr, ohne Harmonie.
Unordnung ist eine Eigenschaft, die aus der Natur des Menschen, aus seinem Egoismus entsteht. Wenn jeder nur an sich selbst denkt und sich von seinem eigenen Nutzen leiten lässt, ohne auf die anderen Rücksicht zu nehmen, dann stagniert das ganze System. Anstatt sich mit den anderen zu verbinden und sich gemeinsam zu drehen wie eine funktionierende Uhr, dreht sich jeder in seine eigene Richtung, wie es ihm gefällt. Das Ergebnis ist, dass wir Menschen uns gegenseitig behindern, dass unsere Zahnräder dabei kaputt gehen und der ganze Mechanismus nicht mehr funktioniert.
Das Ergebnis zeigt sich uns als System der Korrektur durch Bestrafung. Aus Verzweiflung beginnen wir daher, nach und nach aufeinander Rücksicht zu nehmen. Auch dies sind aber rein egoistische Berechnungen, denn die Hauptsache für alle ist ihr eigenes Wohl. Der Mensch berücksichtigt andere nur, wenn es für ihn einen Vorteil bringt. Auf diese Weise existieren wir zur Zeit , aber es ist ein Leben voll von Leid und Chaos.
Chaos und Unordnung in unserem Leben sind also das Ergebnis der Tatsache, dass alle Menschen dem eigenen Egoismus ausgeliefert sind. Darum dreht sich alles nur um das eigene Wohl und nicht um das Wohl des ganzen Systems. Dies ist die Hauptursache für das Chaos in allen Bereichen unseres Lebens.
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Geschrieben/bearbeitet von Student*innen des Kabbalisten Michael Laitman.