Die Frage nach dem Sinn unseres Lebens lauert ständig hinter allem, was wir im Leben tun, und wir lenken uns auf unzählige Arten ab, um genau dieser Frage auszuweichen.
Vor etwa einem Jahrhundert und früher hatten wir ein viel klareres Leben. Wir wussten, dass wir unser Zuhause hatten, unsere Eltern, unsere Dörfer und unsere Städte. Unser Ehepartner war meistens in der Nähe, und wir wussten, dass unsere Kinder dort aufwachsen würden, wo wir lebten. Im Allgemeinen war unser Leben klar, klar definiert und einfach, fast wie ein Tier. Wir kannten kaum Ungewissheit oder Unsicherheiten.
Heute werden wir auf psychologischer Ebene von Fragen über das Universum, das Leben, unsere eigene Psychologie und unser Verhalten zerrissen. Unser Leben ist turbulent geworden, voller Ungewissheit und Unsicherheit, und der innere Aufruhr nimmt überhand.
Unsere Zeit zwingt uns zu einem Verständnis, das wir in der Vergangenheit nie erfahren haben: das Gesamtbild der Welt. Und wir werden keine Ruhe finden, solange wir das Gesamtbild der Welt nicht erkennen, verstehen, mit ihm in Verbindung treten und es vielleicht sogar bis zu einem gewissen Grad kontrollieren.
Da wir es vermeiden, uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens zu stellen – „Warum leben wir?“ „Was tun wir hier?“- aufgrund der Ungewissheit und Unsicherheit, die sie in uns auslöst, tun wir alles, um uns von ihr und den damit verbundenen negativen Gefühlen abzulenken.
Ablenkungen nehmen verschiedene Formen an: Drogen, Arbeit, Einkaufen, Essen, Kunst, Musik, Unterhaltung, Surfen im Internet, Urlaub, Weltreisen, Sport, Hobbys aller Art, Bauen und Basteln – was immer wir tun können, um dem Gefängnis unserer Welt zu entkommen.
Alles, was wir tun, wirkt wie eine Art Antidepressivum. Es ist alles eine Flucht vor der grundlegenden Frage des Lebens: „Was ist der Sinn des Lebens?“ Wenn wir darauf keine Antwort haben, beschäftigen wir uns mit allem, was wir für wichtig erachten. Ablenkungen retten uns vor dieser Frage und der damit verbundenen Ungewissheit und Verunsicherung.
Dennoch verfolgt uns die Frage nach dem Sinn des Lebens. Sie schlägt uns in allen möglichen Situationen von hinten zu, bis wir aufwachen und anfangen, aktiv nach ihr zu fragen. Der Kabbalist Yehuda Ashlag (Baal HaSulam) schreibt über diesen Prozess am Anfang seines Artikels „Einführung in das Studium der Zehn Sefirot“.
„In der Tat, wenn wir uns auf die Suche nach einer Antwort einzig auf die eine berühmteste Frage begeben, bin ich sicher, dass alle diese Probleme und Zweifel aus dem Sichtfeld verschwinden werden; und wenn du sie dann aus dieser Perspektive betrachtest, wirst du sehen, dass es sie einfach nicht mehr gibt. Die Rede ist von einer drückenden Frage, die von allen Menschen gestellt wird: „Worin besteht der Sinn unseres Lebens?“ In anderen Worten, diese gezählten Jahre unseres Lebens kommen uns so teuer zu stehen, und die zahlreichen Leiden und Qualen, die wir erleiden, um sie im Endeffekt zum Abschluss zu bringen. Wer genießt sie? Oder noch genauer, wem bereite ich damit Genuss?
Es ist tatsächlich wahr, dass Forscher unterschiedlicher Generationen bereits daran ermüdeten, darüber nachzudenken; um nicht zu sprechen von unserer Generation, in welcher niemand über diese Frage auch nur nachdenken möchte. Dadurch blieb aber das Wesen der Frage unverändert in seiner ganzen Kraft und Bitterkeit. Manchmal ereilt sie uns überraschend, versengt uns den Verstand und zwingt uns in den Staub, bevor es uns wieder gelingt, den allen bekannten „Trick“ anzuwenden – sich dem Fluss des Lebens ohne Überlegungen hinzugeben, wie einst.“
Auch wenn wir uns vorübergehend von der Frage nach dem Sinn unseres Lebens ablenken können, wird uns genau diese Frage so lange verfolgen, bis wir uns ihr stellen. Wir werden sie herausfinden müssen. Nicht umsonst taucht sie in jedem Menschen auf. Wenn sie auftaucht, gelingt es uns entweder, sie durch die vielen Ablenkungen, die wir uns selbst geschaffen haben, zu vergessen, oder wir stellen uns ihr und suchen ihre Lösung.
Wenn wir anfangen, uns die Frage nach dem Sinn des Lebens zu stellen, um uns zu fragen, warum wir all das tun, was wir tun, dann wird jeder Augenblick unseres Lebens mit einem höheren Sinn erfüllt werden.
Geschrieben/editiert von Schülern des Kabbalisten Dr. Michael Laitman.