Das Hauptziel der Bildung sollte mit dem Hauptziel unseres Lebens übereinstimmen.
Warum existieren wir? Wir existieren, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Als Individuen stellt sich jeder von uns ein Sammelsurium von Zielen vor, aber jenseits unserer individuellen Weltanschauungen gibt es ein viel größeres, universelles Ziel, das beinhaltet, dass wir aus unseren individuellen Weltanschauungen heraustreten und in Verbindung mit der Gesamtheit der Natur treten. Die verschieden individuellen Ziele, die wir uns ausmalen und anstreben, bewirken bei deren Verwirklichung nur vergängliche Empfindungen. Im Gegensatz dazu erlangen wir bei der Erreichung des universellen Ziels, uns mit der Natur in ihrer Ganzheit zu verbinden, das vollständige Gefühl von Ewigkeit und Vollkommenheit. Wir können und müssen dieses Ziel realisieren, während wir uns hier in unserer Welt befinden.
Daher sollte die Bildung jedem Menschen die Methode, die Mittel und die Anleitung an die Hand geben, die erforderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen, um uns letztlich zu glücklichen, erfüllten und vollständigen Wesen zu entwickeln, die in einer perfekt vernetzten Gemeinschaft leben.
Leider haben unsere derzeitigen Formen der Bildung kein solches Ziel. Wir lehren die Menschen in ähnlicher Weise, wie Tiere ihre Nachkommen erziehen: zu überleben, eine Familie zu gründen und weitere Nachkommen zu produzieren. Auf diese Weise gelingt es uns nicht, über die tierische Ebene der Existenz hinauszuwachsen.
Es mag zwar den Anschein haben, dass wir in Bereichen wie Wissenschaft und Technologie hochentwickelte Fortschritte aufweisen, aber da wir auf der höheren Stufe keine Entwicklung vollziehen, um die ewige und vollkommene Realität zu entdecken, verharren wir auf der belebten Ebene der Existenz. Unser Fortschritt besteht also lediglich in dem Bemühen, unser tierisches Dasein optimaler und bequemer zu gestalten.
Sich über die tierische Ebene der Existenz zu erheben und im wahrsten Sinne des Wortes menschlich zu werden, bedeutet, sich über unsere beschränkten egoistischen Wünsche zu erheben und die gleiche übergeordnete altruistische Absicht, die in der Natur grenzenlos vorhanden ist, zu erlangen
Deshalb sollte die Bildung darauf abzielen, uns auf eine neue Existenzebene zu führen, indem sie uns eine andere Lebensperspektive, als die gewohnte, aufzeigt: dass es für unser Dasein hier einen erhabenen Zweck gibt – im Gleichgewicht mit der Natur zu kommen – und es lohnt sich, uns auf diesen Zweck hinzuarbeiten.
Während wir uns zu immer anspruchsvolleren Individualisten entwickeln, offenbart uns die Natur allmählich, dass sie andere Pläne hat: Sie bringt uns zu einer immer engeren Verbindung und wechselseitigen Abhängigkeit. Je weiter wir voranschreiten, ohne altruistische Beziehungen in unserer wachsenden, global verflochtenen Welt zu entwickeln, desto mehr werden wir leiden und unser Leben als unerträglich empfinden.
Die Natur bringt uns schrittweise zu der Erkenntnis, unsere Bildungsziele und damit auch die Methode und die Mittel zu ihrer Umsetzung zu überdenken, weil wir zunehmend erkennen, dass unsere bisherigen Bildungsansätze uns nicht mehr dabei helfen, uns in einer Welt zurechtzufinden, die von uns verlangt, unsere gegenseitige Abhängigkeit auf positive und ausgewogene Weise zu realisieren.
Geschrieben/bearbeitet von Schülern des Kabbalisten Dr. Michael Laitman./Bild von Gordon Johnson auf Pixabay