Die Zeit kann man beobachten, wenn man auf die Uhr schaut, und man kann sie wahrnehmen, wenn man über das eigene Leben nachdenkt und sich bewusst wird, wie schnell die Zeit vergeht; man fühlt sie, wenn man über Ereignisse und deren Folgen im Leben und die daraus entstandenen Gefühle nachdenkt.
Das menschliche Verlangen zu empfangen – die Essenz, aus der der Mensch besteht – nimmt die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft wahr. Das Verlangen nimmt die Zeit als Veränderungen, die sich in seiner Erfüllung ausdrücken, wahr. Mit anderen Worten: Die Zeit hängt von den Empfindungen ab, die aus dem Verlangen zu empfangen entstehen. Ohne diese Empfindungen hätte der Mensch keine Vorstellung von Zeit.
Gäbe es keine Unterschiede in den Empfindungen – ob man sich besser oder schlechter fühlt – würde der Ablauf der Zeit nicht wahrgenommen. Wenn Empfindungen gleich bleiben, bleibt die Zeit stehen. Gibt es keine Veränderung, gibt es auch keine Zeit. Die Veränderungen sind auf die Prozesse zurückzuführen, die durch die unterschiedlichen Verlangen zu empfangen stattfinden. Das ist es, was „Zeit“ genannt wird.
Die Empfindungen des Menschen verändern sich ständig. Das ist der Grund, warum Ereignisse in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft für den Menschen aus seiner egoistischen Sicht betrachtet, so wichtig sind. Er analysiert die Zustände, die das Verlangen nach Erfüllung erlebt, und die Veränderungen zwischen diesen Zuständen werden im Menschen als Zeit aufgezeichnet.
Das Verlangen nach Erfüllung ist die Grundlage der Schöpfung. Es ist wie ein Sensor, der Fülle oder Leere wahrnimmt. Es bewertet den Zustand, den es durchläuft, auf der Grundlage eines Vergleichs der Empfindung der Erfüllung im vorangegangenen Zustand und bildet daraus die Zeit, indem es das Ausmaß der Freude in beiden Zuständen bewertet.
Sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft eines Menschen beruhen auf seinem Verlangen nach Erfüllung. Dieses Verlangen entwickelte sich und durchlief die Phasen unbelebt, pflanzlich, tierisch und sprechend. Nur der sprechende Mensch hat ein Zeitgefühl entwickelt und nimmt die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft wahr.
Innerlich erleben Menschen verschiedene Arten von Zeit. Jene, die man mit der Uhr verfolgt, aber auch jene, die man persönlich empfindet. Die Zeit kann in der Dimension von Milliarden von Jahren oder in winzigen, flüchtigen Augenblicken gemessen werden. Der Mensch misst die Zeit nach der Bedeutung, die sie für ihn persönlich, durch die eigene Beteiligung daran hat.
Außerdem sind die menschliche Wahrnehmung der Zeit und deren Essenz zwei unterschiedliche Dinge. Die menschliche Zeitwahrnehmung basiert auf den individuellen Erfahrungen, während die astronomische Zeit die Umlaufbewegung der Planeten misst. Doch auch diese relativ.
Das gesamte Universum besteht aus dem Verlangen zu empfangen, innerhalb dessen der Mensch Prozesse beobachtet, die sich auf unbelebter, pflanzlicher, tierischer und sprechender Ebene abspielen. Daher ist alles, was dem Menschen reell erscheint, in Wirklichkeit in ihm selbst. Die Realität ist ein Produkt der Wahrnehmung jedes einzelnen Menschen. Wenn sich seine Wahrnehmung ändert, dann ändern sich auch die Konzepte von Zeit, Bewegung, Raum und das Universum mit der ganzen Welt, in der er lebt. So stellt sich nun die Frage, ob der Mensch die Kraft erhalten will, seine Wahrnehmung und somit die Welt zu verändern.
Geschrieben/bearbeitet von Studenten des Kabbalisten Dr. Michael Laitman