Wenn wir die menschliche Gesellschaft als einen einzelnen lebenden Organismus betrachten würden, was würden wir dann sehen?
Wir würden sehen, dass in ihrem derzeitigen Entwicklungsstadium ihr Immunsystem kaum noch funktioniert und ihre Zellen und Organe, die die Gesundheit des Körpers erhalten sollten, verkümmern.
Persönliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme nehmen zu, darunter Depressionen, Stress, Einsamkeit, Leere, Angst, Fremdenfeindlichkeit, Drogenmissbrauch, Selbstmord, Einkommensunterschiede, Armut, Klimawandel. Obwohl viele Menschen versuchen, mit Verbesserungsvorschlägen die Probleme anzugehen, gelingt es ihnen nicht, das Problem an seiner eigentlichen Ursache zu lösen.
Was ist die Ursache für alle Probleme in der menschlichen Gesellschaft?
Es ist das menschliche Ego, d.h. der angeborene kalkulatorische Mechanismus in der menschlichen Natur, der den eigenen Vorteil über den Vorteil der anderen stellt, der die einzelnen „Zellen“ der Gesellschaft dazu bringt, mehr für sich selbst zu nehmen als anderen zu geben. Das führt zum Untergang des gesamten Organismus der menschlichen Gesellschaft.
So wie Krebs entsteht, wenn Zellen auf Kosten des Körpers mehr nehmen, als sie benötigen, so besteht unsere Gesellschaft gegenwärtig aus Egoisten, die alle von einem umfassenden egoistischen Paradigma geleitet werden: nämlich die Vorstellung, dass Erfolg darin besteht, als Individuum wohlhabend, berühmt und mächtig zu werden.
Dass wir Egoisten sind, ist naturgegeben; aber der soziale Einfluss und die öffentliche Meinung, die egoistische Ziele und Werte fördern, machen deutlich, was in der Gesellschaft falsch läuft.
Die Natur funktioniert entgegengesetzt zum menschlichen Ego: altruistisch und nach den Gesetzen der gegenseitigen Verbindung und Wechselbeziehung. Sie lehnt daher unser wachsendes Ego ab. Je mehr wir uns heute entwickeln, desto mehr fühlen wir uns daher unter Druck gesetzt zwischen unserem wachsenden Ego, das sich von anderen abgrenzen will, und der Tendenz der Natur, uns alle zu einem einzigen Ganzen zu verbinden.
Je mehr wir uns also heute entwickeln, desto mehr geraten wir in eine zunehmende Verstrickung von Komplikationen – all das dient dazu, uns zu der Erkenntnis zu bringen, dass unsere egoistische Natur hinter all unseren Problemen steht, dass sie eine inhärent böse Eigenschaft ist, dass wir ihren Forderungen hilflos folgen und immer wieder versuchen, sie auf Kosten anderer mit selbstbezogenen Vergnügen zu erfüllen. Daraus folgt: jeder Schritt zur Verbesserung der Gesellschaft setzt voraus, zuerst das Ego als Ursache all unserer Probleme zu diagnostizieren.
Wenn wir dann zu einer weit verbreiteten Erkenntnis dieser gemeinsamen Ursache all unserer Probleme gelangen, können wir beginnen, sie zu lösen.
Durch dieses Erwachen werden wir erkennen, dass es keine Person, keine Gruppe von Menschen, keine politische oder religiöse Ausrichtung gibt, die für unsere Probleme verantwortlich ist. Es ist nur unsere egoistische Natur, die in jedem einzelnen von uns wohnt.
Wie können wir also die menschliche Natur korrigieren, wenn sie die Ursache für all unsere Probleme ist?
Es ist möglich, indem wir ein Umfeld schaffen, das die Korrektur des Ego unterstützt, so dass wir, anstatt nur zum eigenen Vorteil und auf Kosten anderer zu empfangen, einen positiven Beitrag leisten und uns mit anderen verbinden wollen, um ihnen zu nutzen – ohne die Absicht „Was habe ich davon?“.
Es widerspricht der menschlichen Natur, anderen etwas zu geben und etwas beizutragen.
Wenn jedoch die öffentliche Meinung geändert wird, und wir lernen, dass wir in unserer heutigen Welt immer stärker voneinander abhängig sind, können wir unsere Probleme lösen.
Das bedeutet, dass wir uns auf die Beziehungen zueinander konzentrieren müssen. Wir müssen eine Umgebung schaffen, die auf gegenseitiger Rücksichtnahme und Verantwortung aufgebaut ist. In dieser Umgebung unterstützen wir das Geben und leisten einen Beitrag zur Gesellschaft.
Durch diese Maßnahmen können wir eine positive Transformation in der Gesellschaft erreichen. Wir priorisieren Werte der Zusammenarbeit und Solidarität, statt konkurrierender und individualistischer Ideen des Erfolgs.
Geschrieben/bearbeitet von Schülern des Kabbalisten Dr. Michael Laitman.