Bereits in der Tora steht über Bildung geschrieben:
Erziehe den Knaben für den Weg, den er gehen soll, so wird er nicht davon weichen, wenn er alt wird!
Sprüche 22:6
Ein Zitat von Anfang des vorigen Jahrhunderts des schweizer Pädagogen und Mitbegründer der Éducation nouvelle Adolphe Ferrière erklärt eindrücklich, wie die Bildung des Menschen bis heute diesem Prinzip völlig widerspricht:
Sinngemäße Wiedergabe:
„Und sie gründeten die Schule, wie der Teufel es befohlen hatte:
Das Kind liebt die Natur, deshalb wurde es in vier Wänden eingesperrt.
Es kann nicht ruhig sitzen, deshalb wurde es zur Immobilität gezwungen.
Es arbeitet gerne mit seinen Händen und es wurden ihm Theorien und Ideen gelehrt.
Es redet gern, ihm wurde gesagt, es soll schweigen.
Es möchte verstehen, ihm wurde geboten, auswendig zu lernen.
Es würde selbst gerne erforschen und Wissen finden, aber alles wurde ihm in fertiger Form gegeben.
Und so lernen die Kinder, was sie unter anderen Bedingungen nie gelernt hätten: Sie lernen zu lügen und so zu tun, als ob.”
Dieses Zitat beschreibt, dass Kinder von Natur aus wie Vögel sind, die frei sein wollen, die aktuellen Bildungssysteme sie aber in Käfige sperren. Und warum? Weil es so einfacher und bequemer ist, sie unter Kontrolle zu haben. Damit werden sie der freien Entfaltung ihrer Seele, ihres Geistes und ihres Herzens beraubt und es beeinträchtigt zudem ihre körperliche Entwicklung.
Kinder zu erziehen nach dem Grundsatz „Erziehe den Knaben für den Weg, den er gehen soll“ bedeutet darum: Kinder müssen sich frei entwickeln können. In der Praxis heißt das, dass die Erwachsenen mit gutem Beispiel vorangehen. Die Kinder müssen auf die Erwachsenen hören, die Erwachsenen müssen sich aber an die Bedürfnisse der Kinder so anpassen, dass es für die Kinder so interessant wie möglich ist und ihnen die Wichtigkeit des Vorgelegten bewusst ist, so dass sie freiwillig auf das hören, was ihnen gesagt wird. Auch sollten Kinder möglichst viel Zeit im Freien in Gemeinschaft mit anderen verbringen und sich an verschiedenen Aktivitäten beteiligen, bei denen sie gemeinsam mit anderen Kindern und Erwachsenen Dinge erschaffen, erfinden und reparieren. Durch viele Gespräche mit Gleichaltrigen und Erwachsenen, bei denen bestimmte Themen diskutiert werden, können sie zu ihren eigenen Schlussfolgerungen kommen.
Ein solcher Bildungsansatz würde den Kindern ermöglichen, sich durch den natürlichen Verlauf ihrer Aktivitäten zu entwickeln. So wären sie frei von Zwängen und sie hätten die Möglichkeit frei zu denken und neue Ideen zu entwickeln.
Bis heute gibt es kein Bildungssystem, in dem Kinder auf diese Weise ihr volles Potenzial entfalten können. Um die Bildung des Menschen so zu verbessern, dass das Kind sich nach „dem Weg, den es gehen soll“ entwickeln kann, braucht es aber auch anders ausgebildete Lehrpersonen. Also muss auch für diese neue Vermittlung von Wissen, ein neues Ausbildungssystem aufgebaut werden.
Betrachtet man die aktuelle Situation auf der ganzen Welt, ist zu befürchten, dass ein Umschwenken zu einer anderen Art der Bildung des Menschen erst stattfinden wird, wenn alle Menschen von der Art und Weise der heutigen Bildungssysteme vollständig desillusioniert sind. Denn diese schaffen eine Welt, in der Depression, Angst, Stress, Einsamkeit und andere problematische Phänomene auf persönlicher, sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ebene zunehmen.
Michael Laitman